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Klettern gehört evolutionär betrachtet zu den ältesten Bewegungsformen der Menschheitsgeschichte. Es ist eine natürliche Bewegungsart des Menschen, die er bereits in der Urzeit zur Fortbewegung nutzte. Auf hohen Bäumen brachte er sich in Sicherheit vor Gefahren fand dort Nahrung oder einen Ruheort zur Entspannung. Für Kinder stellt es noch heute beginnend mit dem Greifreflex von Säuglingen eine der wichtigsten Bewegungsformen zur selbstständigen Erschließung ihrer Umwelt dar.
In der jüngeren Menschheitsgeschichte gewann das Klettern als Sportart an Bedeutung. Dabei reicht das Spektrum von der Besteigung der höchsten Berge der Welt bis zum Klettern in Absprunghöhe wenige Meter über dem Boden, dem sogenannten Bouldern. Im Wesentlichen geht es darum, sich mit eigener Körperkraft und Geschicklichkeit an einer Felswand oder einer künstlichen Kletterwand zum oberen Ende, dem Top einer Kletterroute, zu bewegen. Das Klettern kann, wie angedeutet, noch in verschiedene Arten unterschieden werden. So gibt es zum Beispiel das Bouldern und das Seilklettern. Das Wort „boulder“ stammt aus dem Englischen und bedeutet Felsblock. Bei dieser Art des Kletterns wird ohne Seilsicherung in Absprunghöhe über dicken Matten geklettert. Hierbei handelt es sich um eine recht einfache Einstiegsmöglichkeit, da wenig Material und Vorkenntnisse nötig sind. Die Menge, Größe und Entfernung von Griffen und Tritten sowie die Wandneigung ermöglichen eine Anpassung der Anforderungen an die körperliche Fitness, Beweglichkeit und Koordinationsfähigkeit.
Beim Seilklettern werden größere Höhen überwunden. Dabei wird die kletternde Person von einer/einem Partner:in mit Hilfe eines Seiles vor einem möglichen Absturz gesichert. Neben einem Kletterseil werden hierbei unter anderem Klettergurte und ein Sicherungsgerät benötigt. Klettern und Bouldern sind sowohl an künstlichen Kletterwänden als auch an Felsen in der freien Natur möglich. Um die Natur nicht zu schädigen, sind nur bestimmte Felsen für den Klettersport freigegeben, auch werden zum Beispiel Zeiten der Vogelbrut berücksichtigt und Felsen für diesen Zeitraum für den Klettersport gesperrt.
Zahlreiche weitere Informationen rund um das Thema Klettern finden sich auf den Internetseiten des Deutschen Alpenvereins.
Neben der körperlichen Wirkung des Sports, hat Klettern auch einen Einfluss auf unsere Gefühle und Gedanken. Da das Klettern in der Regel in einer Gemeinschaft, einer sogenannten Seilschaft, stattfindet, spielt auch das soziale Miteinander eine große Rolle. Im Unterschied zu Sport- oder Leistungsklettern fokussiert Klettern als Methode in Therapie und Pädagogik nicht Leistung oder Klettertechnik. Es sind vielmehr stets die aktuellen Themen und Bedarfe der Gruppe oder des Einzelnen, welche Aufmerksamkeit erfahren. Das Klettern eröffnet uns eine ganze Bandbreite an Erlebensmöglichkeiten. An diesen können wir beim therapeutischen und pädagogischen Klettern gezielt ansetzen. Wir bezeichnen sie auch als Erlebnisqualitäten des Kletterns. Eine Auswahl dieser Erlebnisqualitäten findet sich in der Abbildung unten.
Wie diese Erlebnisqualitäten beim Klettern in Therapie und Pädagogik zum Tragen kommen, soll im Folgenden an einigen Beispielen erläutert werden. Die Erlebnisqualitäten sind dabei keinesfalls getrennt voneinander zu betrachten, sie können ineinander übergehen und sich wesentlich gegenseitig beeinflussen.
Sich angenommen und anderen zugehörig zu fühlen, ist ein menschliches Grundbedürfnis. Negative Beziehungserfahrungen führen jedoch häufig zu Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion. Probleme in der Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen können die Folge sein und weitere negative Beziehungserfahrungen mit sich bringen. Um neue und positive Beziehungserfahrungen gestalten zu können, wird zunächst am Aufbau einer sicheren emotionalen therapeutischen Bindung gearbeitet. Da Klettern ein hohes Maß an Vertrauen erfordert, entsteht in der Regel schnell eine Beziehung, wenn die therapeutische Bezugsperson verlässlich und einfühlsam zur Verfügung steht. Klettern ist ein höchst sozialer Sport, da man als Seilschaft bestehend aus einem/einer Kletternden und einem/einer Sichernden essenziell aufeinander angewiesen ist. Es erfordert Vertrauen, gute Kommunikation sowie das Einhalten von Absprachen und Regeln. Themen wie Beziehungsaufbau, Regulation von Nähe und Distanz, Vertrauen geben und bekommen, Grenzen spüren und Grenzen setzen in einem sicheren sozialen Rahmen sowie die Steigerung der Sozialkontakte und Austauschmöglichkeiten können über das Klettern in der Therapie und Pädagogik Raum finden. In Gruppentherapien können Aufgaben gestellt werden, welche gemeinsam an der Kletterwand gelöst werden sollen. Dabei sind Einfühlungsvermögen, Kommunikation, Rücksichtnahme und Kooperation erforderlich. Die in diesem Rahmen erworbenen Erfahrungen können daraufhin reflektiert werden, was förderliches, aber auch, was hinderliches Beziehungsverhalten ausmacht. Mit therapeutischer und pädagogischer Begleitung können eigene Stärken in den Gruppenprozess eingebracht werden, aber auch vermeintliche Schwächen durch andere angenommen und ausgeglichen werden, so dass jede:r sich als wichtiger Teil der Gruppe fühlen kann.
Beim Klettern ist es absolut notwendig, gedanklich dabei zu bleiben, sich zu konzentrieren und damit die Handlung in den Fokus der Aufmerksamkeit zu stellen. Mit zunehmender Schwierigkeit der Kletterrouten nimmt auch die Bedeutung der vorausschauenden Handlungsplanung, des Gedächtnisses (wo waren gute Griffe/Tritte/Ruhepositionen) sowie der Entwickelung von Problemlösestrategien zu. Ebenso werden durch das Erlernen des Materialhandlings (u.a. richtiges Anlegen der Ausrüstung, Handhabung von Sicherungsgeräten, Erlernen der Knotenkunde) die kognitiven Funktionen gefördert.
Da es sich beim Klettern im eigentlichen Sinne um eine Sportart handelt, spielt die Motorik selbstredend eine zentrale Rolle. Klettern zeichnet sich dabei vor allem dadurch aus, dass die Bewegungen nicht monoton und gleichförmig sind, wie beispielsweise im Fitnessstudio, sondern jede Bewegung aufs Neue an die vorliegenden Umgebungsbedingungen (vorhandene Tritte/Griffe, deren Beschaffenheit, Wandneigung, etc.) angepasst werden muss. Hieraus ergibt sich eine Palette an physiologischen Wirkfaktoren, welche zu Verbesserungen im Bereich der Grob- und Feinmotorik, wie auch der Körperwahrnehmung führen können. Über die Abstufung der Schwierigkeiten bei Kletterrouten kann ein direktes Feedback über den aktuellen persönlichen Stand (eigene Grenzen) erhalten werden, welcher jedoch von vielen Faktoren abhängig ist (u.a. die körperliche Fitness, Beweglichkeit, Koordinationsfähigkeit, ggf. Höhenangst).
Die eigenen Grenzen beim Klettern liegen beispielhaft in den Faktoren Höhe, Kraft, Ausdauer, Motivation, Frustrationstoleranz, Konzentration, Angst oder Selbstvertrauen. Menschen mit psychischen Belastungen kennen und spüren ihre eigenen Grenzen oft nicht. Sie geraten in Konflikte aufgrund unaushaltbarer Frustration, die beim Klettern in Therapie und Pädagogik durch behutsames Herantasten an Grenzen gut erlebbar und bearbeitbar werden. Grenzen können Schutz aber auch Begrenzung sein. So kann, über seine Grenzen zu gehen, eine entwicklungsfördernde Grenzüberschreitung, aber auch Panik bedeuten. Klettern erfordert das Eingehen von Risiken und damit auch die Entscheidung zwischen dem Akzeptieren und dem Überwinden der eigenen Grenzen in vielen Situationen aufs Neue. Die Chance auf Wachstum und Kompetenzerweiterung entsteht erst mit einer gewissen Risikobereitschaft, Neugier und der Bereitschaft, sich mit eigenen Ängsten auseinanderzusetzen. Über das Klettern kann gelernt werden, eigene Körpergrenzen deutlich und klar wahrzunehmen, sich als eigenständige Persönlichkeit zu erleben und für die eigenen Bedürfnisse einzustehen bzw. diese auch auszudrücken.
Nicht zuletzt ist das Erleben von und der Umgang mit Gefühlen (Emotionsregulation) immanenter Teil einer jeden Klettererfahrung. Das Empfinden von Freude am Tun (Flow-Erleben) und Stolz über das Erreichen eines (Kletter-)Ziels oder der Frust über seine Verfehlung, aber auch das Entwickeln von Zuversicht sowie die Begegnung mit Angst und die Frage, wie sie sich überwinden lässt, sind hier nur einige Stichworte. Das Spüren der eigenen Grenzen und Entscheidungen darüber, welche zu akzeptieren sind und über welche man hinauswachsen kann, die Themen Selbstvertrauen und Selbstwert bilden weitere zentrale Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung an denen mit Klettern in Therapie und Pädagogik gezielt gearbeitet werden kann.
Psychische Probleme haben oft zur Folge, dass sich Betroffene gedanklich verstärkt mit der Vergangenheit (belastende Ereignisse), Zukunft (Sorgen und Ängste) oder mit ihren Einschränkungen (z.B. Schmerzen) beschäftigen. Oftmals ist der Fokus darauf so stark, dass an der Gegenwart „vorbeigelebt“ wird. Beim Klettern ist es unerlässlich, mit der Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu sein und sich aktiv auf die eigenen Handlungsabläufe zu konzentrieren. Dadurch können belastende Gedanken, Gefühle und Empfindungen für eine gewisse Zeit bewusst ausgeblendet werden. Das Spüren der eigenen mentalen und körperlichen Stärke wird möglich. Zudem schafft die Kletterhalle als sozialer Ort auch die Möglichkeit für Begegnungen, Gespräche und das Erleben anderer Hobby-Sportler:innen. Sich als Teil dieser Gemeinschaft zu fühlen, wird oftmals als Schritt zurück in die „Normalität“ geschätzt.
Wir hoffen, wir konnten Ihnen mit unseren Ausführungen einen guten ersten Einblick in das Klettern als Methode in der Therapie und Pädagogik vermitteln. Neben diesem allgemeinen Konzept erläutern wir Ihnen gerne auch spezielle Anwendungsbereiche, welche für Sie von Interesse sind. Nehmen Sie dazu einfach unverbindlich Kontakt mit uns auf oder schauen Sie mal bei unseren Angeboten.
Unser Hobby ist Klettern. Wir arbeiten in Berufen, die mit Erziehung und Heilung zu tun haben. Wir haben festgestellt, dass Klettern Menschen mit psychischen Problemen helfen kann. Es ist auch gut für die Erziehung.
Beim Klettern arbeiten wir mit Gefühlen und dem Körper. Es geht um Vertrauen, Ängste, Grenzen und Bewegung. Es gibt viele Forschungen dazu, und sie zeigen, dass es den Menschen nach dem Klettern besser geht.
Um Menschen zu helfen und vielen die Möglichkeit zu geben, bei uns mitzumachen, haben wir den Verein „Climbing for all“ gegründet. Ihr könnt uns gerne mit Spenden unterstützen.
Klettern kann man drinnen ...
... oder draußen am Felsen.
Gut festhalten!
Und aufpassen, wo ihr hintretet!
Veronika zeigt Linda, wie sie sich in das Seilende einbinden muss.
Das ist der Achterknoten. Mit ihm bindet man das Seilende in den Sitzgurt ein.
Grigri klingt lustig. So heißt das Sicherungsgerät und so hält man beim Sichern die Hände am Seil.
Man nennt das auch Toprope-Klettern, weil das Rope - das Seil vom Top - also von oben kommt.
Am Anfang üben wir das Sitzen im Seil. So könnt ihr Vertrauen finden und so kann man auch abgelassen werden.
Matthias gibt Linda vor, wo sie langklettern soll. Das hilft manchmal oder macht es schwieriger, je nachdem, was man erreichen möchte.
Auch Exe genannt, dient zum Sichern in der Wand, indem das Seil in den Karabiner eingehängt wird.
Das ist was für Geübte. Hier hängt die Kletterin das Seil selbst in die Karabiner ein.
Beim Klettern mit verbundenen Augen kommt es auf den Tastsinn an.
Diese Kinder fassen sich bei den Händen und schwingen in luftiger Höhe. Das ist ein Abenteuer.
In der Sächsischen Schweiz haben die Menschen vor 130 Jahren mit dem Klettern begonnen. Hier haben sie das „Freiklettern“ erfunden. Das bedeutet nicht, dass man ohne Sicherung klettert. Es bedeutet, dass man nur mit den Händen und Füßen klettert. Der Fels soll dabei nicht kaputtgehen. Die Idee des „Freikletterns“ hat sich von Sachsen in die ganze Welt verbreitet. Deshalb nennt man die Sächsische Schweiz auch „Wiege des Freikletterns“.
Mit etwas Übung könnt ihr mit uns an großen Felsen in der Natur klettern. Wir achten darauf, dass alles sicher ist. Wir freuen uns, wenn ihr mit uns klettern geht und die Schönheit unserer Felsenheimat entdeckt!
Eure Linda, Magdalena, Veronika, Matthias, David und Frank